Sonntag, 27. November 2011

Meister der Abzocke


Wenn man in ärmlichen Verhältnissen aufwächst und permanent Touristen sieht, die sich eine teure Urlaubsreise, teure Markenkleidung und teure Restaurants leisten können, ist es naheliegend, den Wunsch zu entwickeln, etwas von diesem Reichtum abhaben zu wollen. Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Das haben uns die Marokkaner während unseres zweiwöchigen Urlaubs eindrucksvoll bewiesen.

Wir waren überrascht, dass wir in einem Land, dass wir vorher noch nie besucht haben, trotzdem so viele „Freunde“ hatten. Die wohl gängigste Methode ist Geld für eine „Führung“ durch die engen und unübersichtlichen Gassen der Medina in Marrakesch anzubieten.






Als wir auf der Suche nach unserem Riad suchend auf die Straßenschilder schauten, dauerte es keine 10 Sekunden bis wir 5 Kids als Führer „verpflichtet“ hatten. Diese führten uns auch zielsicher zum Riad Hadika Maria...







...und waren dann äußerst empört, über die geringe Entlohnung von umgerechnet 2 Euro – wohlgemerkt für 10 Minuten „Arbeit“. Sie wollten 2 Euro pro Person haben, was wir ihnen aber auch nach ausgiebiger Diskussion nicht gaben. Die etwas ausgefeiltere Variante um an das Geld der Touristen zu kommen, die offensichtlich für solche Dienste kein Geld ausgeben möchten, ist die „Ich bin ein netter und höflicher Typ und möchte dir gerne helfen“-Methode.

Der Gentleman, der uns mindestens 10x versicherte, er mache das für umsonst, war dann aber mit den 3 Euro für 15 Minuten, die wir ihm „aus freien Stücken“ gaben, auch nicht zufrieden. Er war sogar so unglücklich, dass er uns am nächsten Tag als er uns wieder über den Weg lief gleich nochmal ansprach, um uns zu sagen, dass die Bezahlung zu gering gewesen sei. Sehr dreist.






Da mit diesem Typ aber offensichtlich nicht gut Kirschen essen und er zudem schon ziemlich aggressiv war, gaben wir ihm nochmal 1.5 Euro. Selbstverständlich war er auch damit nicht glücklich, was wir dann aber höflich aber bestimmt ignorierten. Aber auch Angestellte der öffentlichen Hand halten ebenjene gerne auf – oder greifen sogar beherzt zu. Zum Aufhalten: Als wir vor einem qualitativ hochwertigen und teuren Supermarkt parkten, um uns dort mal kurz umzusehen und ein paar Kleinigkeiten zu kaufen.





Wir mussten dann Schrecken feststellen, dass unser Auto während unseres Einkaufs mit einer Kralle versehen wurde. Dabei waren wir nur ca. 30 Minuten weg und alle anderen Autos, die dort standen, hatten keine Kralle bekommen. Und dann kam auch schon ein Typ, der uns aufklärte, dass wir hier im absoluten Halteverbot stehen würden – und die einzigen sind, die keine „Plakate“ haben. Das war zwar wenig glaubhaft, aber offensichtlich saß er am längeren Hebel, denn er hatte den Schlüssel für die Kralle.



Also zahlten wir die 10 Euro, die er verlangte. Zu allem Überfluss mussten wir dann feststellen, dass uns während der ganzen Aufregung auch noch unser (zum Glück leerer) Einkaufswagen geklaut wurde. Solche Idioten!

Und schlussendlich zum beherzten Zugreifen: Kurz bevor wir dieses wunderliche Land wieder verlassen haben, erleichterten uns die freundlichen Herren am Flughafen nochmal um ca. 4 Euro. An der unsinnigen(weil lückenhafte) Sicherheitskontrolle am Eingang zum Flughafen legte ich mein Handy, meinen Schlüssel und meine Münzen in den dafür vorgesehenen Behälter. Der Beamte winkte mich trotz piependem Detektor durch die Kontrolle und übergab mir dann das Handy und die Schlüssel aus dem Behälter. Es hat eine Weile gedauert, bis ich bemerkte, dass er mir die Münzen nicht gegeben hatte. Da waren wir dann schon beim Einchecken. Der freundliche junge Mann dachte wohl, dies wäre sein Trinkgeld fürs rüber Reichen. Unglaublich.

Sonntag, 20. November 2011

Schule auf Rädern

In unserer zweiten Woche in Marokko haben wir uns komplett von den Empfehlungen unserer jeweiligen Gastgebern leiten lassen. So hat uns Pascal vom „Jardin du Draa“ in Zagora...






... auf Fatimas fantastisches „Le Petite Riad“ als beste Unterkunft in Ouarzazate verwiesen.






Und die wiederrum hat uns „La Perle du Dades“ in Boumalne du Dades empfohlen, wo wir dann die Besitzer Francoise & Jean-Michel kennen gelernt haben. Die beiden haben eine alte Kasbah renoviert...





... und eine Wohlfühloase am südlichen Ende der Dades-Schlucht geschaffen.





Und ganz nebenbei sind die beiden auch wunderbar herzliche Gastgeber. Schon am ersten Abend wurden wir vor dem Abendessen in die Küche gebeten, wo schon Freunde des Hauses an einem kleinen Tisch saßen, Oliven und marokkanischen Salat aßen und natürlich einen ordentlichen Aperitif genossen.






Die einzige Schwierigkeit lag nur darin, dass die Franzosen allesamt weder Englisch noch Deutsch sprachen. Also kramten wir unsere rudimentären Französisch-Kenntnisse heraus und verständigten uns notfalls mit Händen und Füßen. Als Lohn unserer Bemühungen durften wir dann auch beim Abendessen an der Tafel der Freunde (wie dem 81jährigen Pierrot, einem ehemaligen Lehrer für Computersprachen, der mehrere Jahre in Kinshasa gearbeitet hat) Platz nehmen und das grandiose Essen – und natürlich noch mehr Wein – mit ihnen genießen.




Und weil uns das so gefallen hat, blieben wir gleich 3 Nächte – anstatt nur 1 Nacht wie ursprünglich geplant. Während der vielen Stunden, die wir mit den Freunden verbrachten, bekamen wir letztendlich mit, dass Francoise (die alle nur Fanfan nennen) und Jean-Michel vor ihrer Zeit als Hotelbesitzer in Marokko 15 Jahre lang mit schwer erziehbaren Kindern aus Frankreich mit Geländewagen („Katkat“ = Quatre-Quatre = 4x4) durch Afrika gefahren sind. Ziel war es dabei, die Kinder aus ihrem gewohnten Umfeld heraus zu nehmen und ihnen neue Perspektiven zu vermitteln, damit sie in ihrer Heimat Frankreich einen neuen Start hinlegen können. Leider konnten wir den vielen Geschichten aufgrund unserer unzureichenden Französisch-Kenntnisse nicht im Detail folgen. Aber das Wenige, was wir verstanden, war schon faszinierend genug. Nie haben wir uns gewünscht, im Französisch-Unterricht bei Fräulein Buhl bzw. Herrn Klein besser aufgepasst zu haben. Fanfan und Jean-Michel haben ihre Erlebnisse auch in einem Buch veröffentlicht. Natürlich zu finden bei Amazon.com: „L’école mobile





Tee in der Wüste

Wie schafft man es, eine Einladung zum Tee in der Sahara zu bekommen? Eigentlich ganz einfach, man schlägt alle Angebote zu einer Wüstentour auf einem Kamel oder mit einem Geländewagen aus, welche einem schon 20 Kilometer vor Beginn der Wüstenzone von den Berbern mitten im Nirgendwo gemacht werden. Diese Wüstennomaden in ihrer traditionellen Kleidung halten einen mit ihren Geländewagen wirklich auf offener Straße an und wollen einem eine „ganz spezielle“ Tour andrehen. Hat man es schließlich bis ins Dorf am Rand der Wüste geschafft, hält man am besten erst gar nicht an und fährt direkt auf die Dünen zu. Dort ignoriert man schließlich auch das Angebot des 10jährigen Jungen, der einem (natürlich auch nur für ein paar Dirham) die Dünen zeigen möchte – denn die sieht man ja schon selbst von Weither. Man fährt zielsicher auf einem Schotterweg auf die Dünen zu, bis man in der ersten kleinen Sandverwehung stecken bleibt und sich die Räder des Kleinwagens in echten Sahara-Sand eingraben. Dann versucht man verzweifelt, das Auto aus dem Sand zu schieben - und hofft auf Unterstützung. In unserem Fall erschien diese in Form von Jan.






Sie kam von ihrer nahegelegenen sehr einfachen Berberunterkunft (ohne Wasser und Strom) angeschlendert und bot ihre Hilfe an.






Sie rief auch gleich noch ihren Gastgeber, den echten Berber Abdullah herüber und mit vereinten Kräften bekamen wir das Auto schnell wieder auf die feste Piste. Und weil wir uns nun eh schon kennen gelernt hatten, lud sie uns gleich noch zum Tee in das Berbercamp ein. Abdullah fächelte das Feuer an und setzte Wasser auf, während wir uns angeregt unterhielten mit Jan.







Wie sich herausstellte, haben wir mit Jan einige Gemeinsamkeiten. Denn während ihrem Studium hat sie ein Jahr in Berlin gelebt (spricht also auch Deutsch), später eine Weile in der Nähe von Cork und nun machte sie (zum wiederholten Mal) Urlaub in der Wüste Marokkos. Wie klein doch die Welt ist. Wir versprachen, das kleine Berbercamp als Oase der absoluten Ruhe weiter zu empfehlen und halten dieses Versprechen natürlich gerne ein: Iguiditours.